Zu den bekanntesten Radialstädten in Europa dürfte Palmanuova in Italien gehören, 1599 von der Republik Venedig auf ihrer Terra ferma als Militärstandort gegründet. Für Deutschland ist Glückstadt an der Elbe zu nennen, das der dänische König Christian IV., zugleich Herzog von Holstein und Schleswig, 1616 als Exulanten- und Garnisonsstadt erbauen ließ.
Die neue, schon dem Namen nach glückliche Stadt sollte Glaubensflüchtlingen aller Konfessionen eine militärisch sichere neue Heimstat bieten, in der sie Exportmanufakturen einrichten und von der aus sie Fernhandelsbeziehungen knüpfen sollten, um Hamburg Konkurrenz zu machen.
An der Planung wirkte wahrscheinlich Georg Ginther Kröl mit, in jedem Fall lässt sich darin seine Figur Mehreck mit Kastell wiederfinden. Im Mündungsdreieck des Rhin in die Elbe entstand eine Radialstadt, soweit das Gelände es erlaubte (Abbildung 1), das war im Nordosten ein halbes Sechseck mit allen Merkmalen der Idealstadt Speckles. Ein Kanal mit als Straßen gestalteten Ufern schloss diesen Stadtteil ab. Am zentralen Markplatz standen Kirche und Rathaus als wichtigste öffentliche Gebäude; sternförmig führten die Straßen auf die Wälle und zum einzigen Stadttor; es ergaben sich dadurch trapezförmige Baublöcke. Dass sie optimale Nutzung nicht erlaubten, zeigt die Planung für die Stadterweiterung auf dem südlichen Reethövel: hier waren rechteckige Baublöcke vorgesehen, die jedoch nie verwirklicht wurden.
Ein aufwändiges Bastionärsystem schützte die Stadt zur Landseite. Im Südwesten lag zwischen Rhin und Elbe ein dreieckiges sumpfiges Gelände, in welches sich die Radialstadt nur ansatzweise fortsetzen ließ. In der äußersten Ecke, wo der Rhin in die Elbe mündete, ließ ein Schloss für sich errichten – an der Stelle, wo Kröl in seiner Idealstadt das Kastell vorsah. In Glückstadt war ein Kastell weder nötig noch angebracht, weil das sumpfige Gelände natürlichen Schutz bot. Christian IV. plante um 1640 eine Stadterweiterung auf dem Rethövel (Abbildung 2), die freilich nicht dem Radialprinzip folgte, sondern die Baublöcke rechteckig vorsah. Dieser Plan wurde wegen Geldmangel nicht ausgeführt.
Bei allen Belagerungen erwies sich Glückstadt als uneinnehmbar. Selbst wenn sich die wirtschaftlichen Hoffnungen nicht erfüllten, blieb die Neugründung bis in das 19. Jahrhundert ein wichtiger Militär- und Verwaltungsstandort für die Herzogtümer Holstein und Schleswig.
Kersten Krüger
Um 1614 baute König Christian IV. an einer Grenzfestung im Süden seines Reiches, Glückstadt an der Elbe auf. Als Konkurrent mit dem Hamburger Handel wurden große Hoffnungen auf sie gesetzt.
1616 wurde Glückstadt ausgemessen und der Bau begann schließlich.
1620 leitete der Franzose Pchevall die Arbeiten an dem Glückstädtischem
halb radial, welches in seiner anderen Hälfte ergänzt, ein Sechseck
mit oktogonalem Zentralplatz ergab. Diese Form bezeichnete Lorenzen als "streng
abstrakte Zentralanlage".
Ende der zwanziger Jahre kamen dann Pläne auf, die die Anlage jenseits
des 1620 gegrabenen Hafenkanals erweitern sollten.
Auf einem Projekt von 1628 liefen die drei Straßenzüge des geplanten
Stadtteils auf den Marktplatz zu. Der neue Stadtteil Redthövel wurde dabei,
von Kanälen durchzogen, angelegt.
Die Stellung der 1618 begonnenen Kirche war hier wichtig, denn sie war an das
Kopfstück eines Baublocks am Markt gestellt.
Bei der Betrachtung Glückstadts im Gesamtbild wird deutlich, dass diese
Stadt vom Hafenkanal aus erlebt werden sollte. In diesem Falle mischten sich
französische als auch niederländisch-dänische Züge.
Rebecca Hoßbach/ Gregor Thomsen |