Stadtrat und Bürgerschaft von Reval/Tallinn unterwarfen sich 1561 dem schwedischen König, Erich XIV. Die Stadt wurde damit Zentrum der schwedischen Herrschaft in Estland und erhielt damit neben seiner wirtschaftlichen Bedeutung politische und militärische Funktionen im Rahmen des schwedischen Ostseereichs. Die Zahl der Einwohner wird für den Beginn der schwedischen Zeit auf 8.000, für das Ende um 1710 (einschließlich der Garnison) auf 12.000-15.000 geschätzt.
Geografisch beherrschte der Domberg die Stadt, Sitz des Bischofs, später der schwedischen Regierung. Unterhalb hatte sich im Mittelalter die Altstadt ausgebreitet, bewohnt von deutschen Kaufleuten und Handwerkern, zunehmend von Esten und in schwedischer Zeit auch Finnen. Die zuletzt genannten beiden Gruppen bildeten die unteren Schichten, die wegen Raumnot in die wachsenden Vorstädte zogen. Wie für die anderen Stützpunkte des schwedischen Ostseereichs, gab es auch für Reval seit der Mitte des 17. Jahrhunderts Pläne zur Stadterweiterung und zur Neubefestigung.
Ein dem Festungsingenieur Johan von Rodenburg zugeschriebener Plan (Abbildung 1, Norden ist unten), entstanden um 1650, sah die Gründung einer Vorstadt südlich unterhalb des Domberges vor, ausgestattet mit quadratischen Baublöcken, einem zentral gelegenen Marktplatz und einem Festungsring mit sechs Bastionen. Der Plan wurde nicht realisiert.
Es war Erik Dahlberg, der 1680 einen Gesamtplan zur Erweiterung und Befestigung Revals vorlegte (Abbildung 2, Norden ist rechts). Darin kartierte er Domberg mit Altstadt und die weitläufigen Vorstädte, die mit kleinen Holzhäusern bebaut waren. In diesen Bestand zeichnete er den zu errichtenden Festungsring mit einer vergleichsweise bescheidenen Stadterweiterung im Osten ein. Etwas deutlicher gehen die Bauplanungen aus einem Entwurf von 1685 hervor (Abbildung 3), der den Bestand vernachlässigt und die neuen Anlagen hervorhebt. Die Flächen für die Stadterweiterung im Osten waren durch Schleifung älterer, unmodern gewordener Festungswerke zu gewinnen. Der neue Stadtteil erhielt einen zentralen Marktplatz und - so weit möglich - rechteckige Baublöcke. Gegenüber wurde unterhalb des Domberges ein kleines zusätzliches Stadtgebiet unmittelbar vor dem neuen Wall erschlossen. Der Festungsring stand mit elf Bastionen, breiten Gäben und sechs Ravelins auf der Höhe der Festungstechnik. Die Bauarbeiten begannen 1684 und waren 1687 noch nicht abgeschlossen. Weite Teile der Altstadt sind bis heute von den damals errichteten Anlagen geprägt.
Kersten Krüger.
Sten Karling: Tallinn (Reval). En konsthistorisk översikt. Stockholm 1963.
Raimo Pullat: Brief History of Tallinn. Tallinn 2001.
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